Wie die kleine Itomi Englisch lernte

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Du kannst dir diesen Artikel anhören. Ich empfehle es, dies du tun; es wird dir ein Gefühl für die Sprache vermitteln! 🙂

Dieser Artikel beschreibt meine Vorstellung von Itomis Geschichte. Es wird sich wohl so oder so ähnlich abgespielt haben.

Hier kannst du nachlesen, wie Prof. Krashen die Geschichte erzählt.

Wie die kleine Itomi ihr Heimatland verließ

Japanese girl playing with bubbles

Itomi war nur ein vier Jahre altes Mädchen, als ihre Eltern sie 1974 in die USA mitnahmen. Ihr Vater war Angestellter einer japanischen Firma, die auch Geschäfte in den Vereinigten Staaten hatte.

So zog die Familie los in dieses fremde Land. Itomi verabschiedete sich von ihren Freunden aus dem Kindergarten.

Ihre Eltern haben ihr gesagt, dass sie in einem Jahr eingeschult wird. Ob sie dann wieder in Japan sein wird?

Der Flug war sehr lang, sodass die Familie nachts in New York ankam. Die Gebäude waren riesig und Itomi staunte, wie belebt die Straßen sind.

Itomi und ihre Eltern zogen in ein großes Etagenhaus. In der ersten Nacht war es schwer für Itomi, einzuschlafen, da sie so aufgeregt war.

Wie Itomi ihren neuen Nachbarn traf

Einer ihrer Nachbarn war ein kauziger Mann. Obwohl er nicht sehr alt war, hatte er schon Geheimratsecken.

Er war aber immer sehr gut gelaunt und freundlich. Sie hatte ihn einmal mit ihren Eltern reden sehen, und dann hatte der Mann ihre Hand geschüttelt.

Eines Tages spielte sie auf dem Innenhof mit einem Ball. Ihre Familie wohnte zum Glück im ersten Stock, sodass die Mutter den Innenhof von der Küche aus immer gut im Blick hatte. So konnte Itomi immer draußen spielen, während ihre Mutter kochte.

Itomis Nachbar kam vorbei, als Itomi gerade den Ball gegen eine Wand schoss. Der Ball prallte ungünstig ab und rollte zu ihrem Nachbar, welcher ihn mit dem Fuß stoppte.

Sie wusste es nicht, aber ihr Nachbar arbeitete als Direktor für Englisch als Zweitsprache an der Universität am Queens College, City University of New York.

Itomis erste Englischstunde

Der Mann lächelte sie an und sagte auf Englisch, “Itomi, sprich mit mir. Sag’ guten Morgen, sage hi!”.

Itomi war ein bisschen verunsichert. Es war das erste Mal, das jemand sie auf Englisch angesprochen hat.

Sie hatte “guten Morgen” und “hi” schon mal gehört, aber die anderen Worte verstand sie nicht. Was wollte der Mann von ihr?

Der Mann zeigte auf den Ball und sagte, “Itomi, sage Ball!”.

Fasziniert schaute sie ihn an. “Sag ‘B’”, sagte er, “Schau auf meine Lippen.”

Jetzt zeigte der Mann auf seine Lippen. Er sah ein bisschen frustriert aus.

Der Mann hob den Ball auf und meinte, “Ich werde dir den Ball nicht geben, bis du ‘Ball’ sagst.” Itomi spürte, dass der Mann ihr den Ball vorenthalten wollte.

Sie gab einen quengelnden Laut von sich und streckte die Arme nach dem Ball aus.

Das tat dem Mann Leid, worauf er ihr sofort ihren Ball wiedergab. Er setzte sich auf den Boden und schaute nachdenklich drein.

Wie Itomi schließlich Englisch lernte

Happy girl playing with a ball

Itomi spielte weiter mit ihrem Ball. Nachdem der Mann eine Weile nachdenklich da gesessen hatte, entschied er sich, bei ihrem Spiel mitzumachen.

Der Ball rollte erneut zu ihm. “Entschuldigung, Itomi! Ich werde dir nicht mehr sagen, was du tun sollst.” Er schoss den Ball zu ihr: “Bitte sehr!”

Das gefiel Itomi viel besser! Jetzt konnte sie entscheiden, wie sie zusammen spielen. Es machte Spaß, mit diesem freundlichen Mann zu spielen.

Oft machte er faxen mit dem Ball. Einmal versuchten sie, den Ball so hoch wie möglich zu werfen. Dabei warf der Mann den Ball aus Versehen über einen Zaun. “Warte, ich mache das. Ich hole den Ball.”

Der Mann redete die ganze Zeit in seiner Sprache, Englisch. Itomi verstand natürlich kein Englisch, aber ihr war oft aus dem Zusammenhang klar, was der Mann meinte.

Ein langer Weg zum Erfolg

Manchmal versuchte der Mann immer noch, sie zum Sprechen zu bringen. Aber das frustrierte sie immer sehr.

Sie wollte spielen! Sie wollte einen Freund, einen Spielpartner, und nicht einen weiteren Erwachsenen, der ihr sagt, was sie tun soll.

So ging das mehrere Wochen lang. Dann mehrere Monate. In der Zwischenzeit befreundete sie noch mehr Menschen aus der Nachbarschaft.

Sie sprach nur ein einziges Mal Englisch. Das war, als ein anderes Kind sie ärgern wollte. “Lass mich alleine!”, sagte sie zu dem Jungen.

Sie hatte keine Ahnung, was das heißt. Aber sie hat einmal beobachtet, dass ein Kind es gesagt hat, welches seine Ruhe wollte.

Der Junge ließ sie auch prompt in Ruhe. Sie fühlte sich stolz, diese neue Sprache erfolgreich eingesetzt zu haben.

Fünf Monate, nachdem sie ihren Nachbarn kennen gelernt hatte, fing sie an, Englisch zu sprechen. Am Anfang waren es nur ein paar Worte. Aber nach kurzer Zeit sprudelte es nur so aus sie heraus.

Als sie mit ihrer Familie wieder zurück nach Japan flog, konnte sie fast so gut sprechen wie die amerikanischen Kinder.

Was wir aus dieser Geschichte lernen können

Itomis Nachbar war niemand anderes als Professor Krashen, ein berühmter Linguist und Bildungsforscher.

Heutzutage würde Professor Krashen manche Dinge anders machen. Die Lehren, die er aus seiner Erfahrung mit Itomi gezogen hat, sind die folgenden:

  1. „[Die Art, wie Itomi Englisch gelernt hat,] sah wie Erstspracherwerb aus. Derselbe Prozess, den auch unsere Kinder durchgemacht haben: ein Wort, zwei Wörter, allmählich immer komplexer.”
  2. Es kam schnell. Als Itomi und ihre Familie am Jahresende zurück nach Japan gingen, näherte sich ihr Englisch dem an, wie die anderen Kinder in der Nachbarschaft redeten.”
  3. „Als sie anfing, zu sprechen, war es nicht der Anfang ihres Spracherwerbs. Es war das Ergebnis all des verständlichen Materials, das sie während der fünf Monate bekommen hat.”
  4. „Eine stumme Phase bei einem Kind in einer solchen Situation ist nicht pathologisch, es ist normal.** Es ist, was man erwarten würde.**”

Ich hoffe, diese Geschichte hat euch geholfen. Mir hat sie eine große Erleichterung verschafft.

Denn wir brauchen uns nicht unter Druck zu setzen: Das Sprechen wird kommen, wann es kommt.

Achtung!

Dies ist eine Episode von Authentic German Learning Radio, nicht Authentic German Learning Podcast!

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